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Haushaltsrede 2024

26. April 2024 | Fraktion

 

Haushaltsrede 2024 – SPD Fraktion Lindlar

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Ludwig,
sehr geehrte Kolleg*innen aus Rat und Verwaltung,
sehr geehrte Mitbürger*innen,
sehr geehrte Pressevertreter*innen,

am 28.02.2024 wurde von Herrn Dr. Ludwig der Entwurf des Haushaltsplans für das Jahr 2024 im Gemeinderat eingebracht. Drohende Verluste in den nächsten 4 Jahren würden Lindlar in einen Nothaushalt zwingen und jegliche Handlungsfähigkeit der Verwaltung und dem Gemeinderat nehmen. Dieser Umstand zwingt die Verwaltung und die Politik zum Handeln, damit weiterhin wichtige und wegweisende Entscheidungen selbst und nicht durch einen eingesetzten „Sparkommissar aus Düsseldorf“ getroffen werden.
Wie kommt es eigentlich zu dieser prekären Situation??
Das die Kommunen nicht mit ausreichend Mitteln von Bund und Land ausgestattet werden ist kein neues Phänomen. Seit vielen Jahren wachsen die Aufgaben und Kosten für die Kommune und nur wenige Städte und Gemeinden in NRW können aus eigenen Mitteln diese Aufgaben erfüllen. Manches Projekt ist nur über die verschiedenen Förderprogramme möglich. Und wenn man dann wie Lindlar diese Fördermöglichkeiten über Jahre verschläft, braucht man sich heute nicht zu wundern, dass der Schuldenberg eher steigt anstatt sinkt.
Die Kämmerin hat den Haushalt bereits von Oktober auf Februar verschoben, da ihre Hoffnung immer noch auf dem Oberbergischen Kreis und der Landesregierung ruhte.

 

Eines haben wir jedoch in den letzten Jahren gelernt:
Wenn man auf Unterstützung von Kreis und Land hofft, hat man verloren!

Mit den Stimmen unserer Kreistagsmitglieder der CDU wurde im Kreis ein Haushalt beschlossen, der mehr als die Hälfte aller Einnahmen Lindlars nach Gummersbach fließen lässt. Da spielt weder der Aufbau von Stellen, noch ein überdimensionaler Kreistagsneubau eine Rolle. Kommunen wie Lindlar zahlen ja, und deren Kreistagsmitglieder stimmen zu.
Die Landesregierung aus CDU und Grünen hat in ihrem Koalitionsvertrag stehen, dass „klamme“ Kommunen bis zum 31.12.2023 eine Perspektive des Altschuldenabbaus erhalten sollen. Die Verschuldung liegt in Lindlar insgesamt über 100 Mio. Euro und stammt übrigens nicht aus den letzten 4 Jahren, sondern vielmehr aus einer über 75-jährigen absoluten Mehrheitszeit der CDU Lindlar. Leider ist die Landesregierung ihrem Versprechen nicht nachgekommen und die“ interessante Lösung“ von Frau Scharrenbach, dass die Kommunen die Entlastung bei den Altschulden selbst tragen sollen obwohl sie ja bereits total überschuldet sind, wurde schnell wieder eingestampft.

Fazit: Grund dieser Haushaltssituation ist neben dem Handeln der Vergangenheit eben zu einem großen Teil der Oberbergische Kreis mit dem System des Landrats Hagt „Groß denken und die Kommunen zahlen lassen“.
Der CDU und FDP geführte Kreistag hat damit jedenfalls kein Problem und lässt die Kommunen bluten!!!
und
die Landesregierung um ihren Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU), der in Sachen Kommunalfinanzen lieber nichts sagt und nichts macht. Wer nichts sagt und nichts macht, macht (vermeintlich) auch nichts falsch!!!

Aber was tun?
Selbst Überlegungen anzustellen und Ideen zu entwickeln, vielleicht sogar das ein oder andere Ziel, die ein oder andere Vision zu formulieren und umzusetzen ist erst einmal die Pflicht der Verwaltung und ihrer Leitung. Das die Ideen der Verwaltungsleitung bei einer in Lindlar noch nie dagewesenen Steuererhöhung enden, enttäuscht nicht nur die SPD-Fraktion. Und damit nicht genug: Man erhöht sogar perspektivisch auf einen Zeitraum von 4 Jahren um der Kommune jährlich ca. 2,5 Mio. Euro mehr an finanziellen Mitteln in die Kasse zu spülen. Dabei soll das Wohnen im Bereich der Grundsteuer B um rund 36% teurer werden. Die Gewerbesteuer soll um 4% im Hebesatz steigen.
Die SPD hat nach intensiven Beratungen und vielen von der Verwaltung beantworteten Fragestellungen ein alternatives Haushaltskonzept in die Beratungen eingebracht.
Dieses Haushaltskonzept hatte erst einmal zum Ziel, einen Nothaushalt für die Gemeinde in 2024, aber perspektivisch auch 2025-2027 nach heutigen Informationen zu vermeiden. Trotzdem sollte das Hauptaugenmerk auf das Jahr 2024 in dem Wissen erfolgen, dass je nach Haushaltslage in den Jahren 2025 – 2027 weitere einschneidende Maßnahmen erfolgen könnten.

Das Konzept ist davon getragen, möglichst viele Akteure an der Haushaltskonsolidierung zu beteiligen:
Eigentum/ Gewerbe/ Land- und Forstwirtschaft/ freiwillige Leistungen der Kommune/ die Tochtergesellschaften BGW GmbH und SFL GmbH/ die Verwaltung selbst/ und perspektivisch auch eine Grundsteuer C ab 2025
sollen zu dringend notwendigen Verbesserungen beitragen.

Alle Akteure am Haushalt sollten zur Konsolidierung beitragen und neben Einfallsreichtum im kommunalen Handeln sind auch Einschnitte bei den Ausgaben und strenge Haushaltsdisziplin dringend angesagt!

Folgende Eckpunkte wurden von der SPD Fraktion genannt:
• Deutlich sanftere Steuererhöhungen
• Ein vorgezogener Anbau des Gymnasiums, jedoch auch Einsparungen beim Schülerticket
• Einsparungen beim ISEK
• Langfristige Effizienzsteigerungen in der Gemeindeverwaltung

Dabei beinhaltet unser Konzept eine Steigerung der Grundsteuer A auf 500%, der Grundsteuer B auf 765% und der Gewerbesteuer auf 515%. Steuererhöhungen lassen sich bei der jetzigen Situation nicht komplett abwenden. Hier werden die zusätzlichen Kosten für private Eigentümer und Mieter so jedoch zum Vorschlag der Verwaltung mehr als halbiert. Gleichzeitig werden die Steuererhöhungen gerechter auf Privatleute, Unternehmen und Land- und Forstwirte verteilt.
Nicht zuletzt drängen wir auf eine schnelle Vorbereitung zur Einführung der Grundsteuer C ab 2025. Mit ihr könnten wir Spekulation mit Baugrundstücken unattraktiv machen und alle Lindlarer*innen entlasten.
Seit im letzten Jahr der Schulentwicklungsplan im Gemeinderat beschlossen wurde, weisen wir darauf hin, dass der Anbau des Gymnasiums zu spät kommen wird, um die steigenden Schülerzahlen vernünftig aufzufangen. Es ist wichtig noch in diesem Jahr zu starten. Leider sind wir die einzige Fraktion in Lindlar, die sich bereits seit letztem Jahr und jetzt erneut dafür einsetzt!
Die finanziellen Probleme der Gemeinde Lindlar lassen so eine Forderung jedoch realistisch nur zu, wenn man auch eine Idee zur Gegenfinanzierung hat.
Schweren Herzens haben wir uns dazu entschlossen, einen Teil der Kosten des Anbaus über Einsparungen beim Schülerticket zu finanzieren. Mit dem Umstieg auf das Fakultativmodell, ändert sich für freifahrtberechtigte Schüler nichts, alle anderen bekommen das Ticket jedoch nicht mehr geschenkt. Lindlar ist eine der letzten Gemeinden in NRW, die sich diesen Luxus leistet. Wir sind der Meinung, dass es aktuell deutlich wichtiger wäre, alle Schulgebäude zügig zu sanieren und auf den Stand der Zeit zu bringen.
Zusätzlich zu diesen großen Punkten sichert unser Konzept die nötigen Investitionen in den Klimaschutz und enthält die jetzt noch durchführbaren Einsparungen beim ISEK. Außerdem geben wir der Gemeindeverwaltung einige Aufträge mit. Mit modernen Arbeits- und Raumkonzepten sollen noch mehr Kosten gespart werden. Wir fordern des Weiteren die Verwaltung auf, im Rahmen von interkommunalen Zusammenarbeiten mit unseren Nachbarkommunen und dem Oberbergischen Kreis Synergieeffekte zu erarbeiten umso effizienter zu arbeiten und auch in diesem Bereich Kosten zu sparen.
Durch die Grundsteuerreform im nächsten Jahr wird sich bei den Steuersätzen erneut einiges ändern. Aus diesem Grund war unser Vorschlag, erst einmal nur Entscheidungen für den Haushalt 2024 zu treffen.

Lindlar am Scheideweg:
Die Weichenstellungen in der Schulpolitik, im Haushalt und im Verwaltungshandeln sind die 3 wesentlichen Punkte die es in diesem Jahr zu entscheiden gilt. Dabei kann man den Weg der Verwaltung gehen, und die Bürger*innen in noch nie dagewesenen Steuererhöhungen belasten. Man kann aber auch mit unserem alternativem Haushaltskonzept wesentliche Zukunftsentscheidungen treffen.
Die umgehend notwendige Investition in unsere Schullandschaft muss noch in diesem Jahr angegangen werden.
Die Haushaltspolitik muss gerecht und solidarisch erfolgen.
Die Verwaltung muss sich durch eigenes Handeln modern und Ideenreich aufstellen.
Nicht zuletzt sind wesentliche Projekte von einer modernen Verwaltung abhängig. Das die Großprojekte wie das Baugebiet „An der Jugendherberge“ das Gewerbegebiet „Klause V“ und Linde, aber auch Projekte wie „Am Kirchbäumchen“, sozialer Wohnungsbau in Altenlinde oder die Entscheidungen zum Flächennutzungsplan stocken liegt in großen Teilen auch am Handeln einer zurzeit überbelasteten Verwaltung.
Wenn wir dieses Problemfeld möglichst gemeinsam und mit allen Beteiligten aus Verwaltung und Politik lösen, dann steckt in Lindlar ein tolles Zukunftspotential.

Lindlar ist aus unserer Sicht soeben falsch abgebogen:
Im letzten Haupt- und Finanzausschuss mussten wir leider erfahren, dass unser Haushaltskonzept keine Zustimmung bei den anderen Fraktionen erfahren hat.
Wir meinen, eine vertane Zukunftschance.
Dabei haben zumindest die Grünen und die FDP gemeinsam mit dem Bürgermeister Dr. Ludwig Verantwortung übernommen und stehen zu den noch nie dagewesenen Steuererhöhungen für Lindlar. Auch die SPD hat Verantwortung übernommen, denn sie hat einen eigenen Entwurf eingebracht und hält diesen auch weiterhin für den besten Weg. Unverantwortlich verhält sich hier nur die CDU-Lindlar, die sich auf der vermeintlichen Oppositionsbank platziert und weder den Entwurf Ihres Bürgermeisters, noch unser Alternativkonzept unterstützt.
Es ist ein Armutszeugnis, dass die stärkste Kraft im Rat und die größte Vertretung der Bürger*innen in Lindlar noch nicht einmal einen eigenen Vorschlag oder eine Idee einbringt, wie der Haushalt in Lindlar beschlossen werden könnte.
Diese Enthaltung liebe Kolleginnen und Kollegen ist schlichtweg verantwortungslos.

Wir sind aber auch insgesamt von der diesjährigen Haushaltsdebatte wirklich enttäuscht. Abgesehen von Anträgen zum Klimaschutzbudget, wo alle im Gemeinderat sich grundsätzlich einig sind, kamen aus keiner anderen Fraktion Ideen oder Vorschläge. Zu keinem Teil unseres Konzepts gab es von irgendeiner Fraktion ein Gesprächsangebot, um einen Kompromiss zu finden. (Nicht bei den Steuersätzen. Nicht bei Schulfragen. Und auch nicht bei der Modernisierung unserer Verwaltung.)

Die fehlende Kompromissbereitschaft aller Fraktionen ist sehr bedauerlich. Politik wird auch in Lindlar nicht mehr im Alleingang und nur von einer Fraktion gemacht.
Wenn keiner der Fraktionen zu einem Kompromiss bereit ist und ausschließlich seine Ziele verfolgt, dann haben wir alle nicht den Auftrag der Wähler*innen verstanden.
Vielmehr braucht es Kompromissbereitschaft und den Blick in die Zukunft Lindlars.
Die SPD-Fraktion war und ist zu Kompromissen bereit und hofft sehr, dass wir alle wieder mehr die Zukunft Lindlars und unser Zusammenleben in den Vordergrund stellen.

Abschließend gilt unser Dank den Ratskollegen*innen, dem Bürgermeister Dr. Ludwig und allen Mitarbeiter*innen der Gemeinde und ihren Tochtergesellschaften BGW und SFL für die Zusammenarbeit im Rat und auf allen anderen Ebenen des politischen Zusammenwirkens.

Michael Scherer
Im Namen der SPD-Fraktion Lindlar

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