Ihr Suchergebnis für: ""

Windenergie in Lindlar

26. November 2021 | Fraktion, Klima & Umwelt, Landes- & Bundespolitik

 

Als mithilfe einer Windenergie-Potentialanalyse 2013 das besondere Potential Lindlars für die Windkraftnutzung herausgestellt worden war, sind entsprechend der damaligen Gesetzeslage mögliche Flächen gefunden worden, um Großwindkraftanlagen zu bauen. Aber: Das Drehfunkfeuer in Kürten-Offermannsberg (Wipper VOR) verhinderte damals eine Genehmigung für die geplanten drei Windräder auf dem Steinberg im äußersten Osten der Gemeinde, wie P. Newrzella im letzten Ausschuss für Klima- und Umweltschutz in Erinnerung rief.[1] Nach dieser Ablehnung sind auch private Initiatoren entmutigt worden, weitere Möglichkeiten für die Nutzung der Windkraft in unserer Gemeinde zu prüfen, denn die Antrags- und Bewilligungshürden sind auch aus anderen Gründen hoch und mit Kosten für Gutachten verbunden – ohne wirkliche Option für Windkraftanlagen ab einer gewissen Höhe, deren Ertrag ins Stromnetz eingespeist werden soll.

Denn das Gemeindegebiet von Lindlar erstreckt sich vollständig im Anlagenschutzbereich von 15 km um das vorgenannte Drehfunkfeuer, das für die Flugnavigation des Flughafens Köln/Bonn notwendig ist (die Hintergründe sind interessant, führen hier aber zu weit).[2] Innerhalb dieses Prüfradius wird jede einzelne Windkraftanlage daraufhin geprüft, ob sie die Navigation des Drehfunkfeuers stört, was anhand des genauen Standortes und der Gesamthöhe der Anlage über NN ermittelt wird – die Genehmigungspflicht durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung gilt in diesem Radius übrigens für hohe Bauwerke aller Art, nicht nur für Windkraftanlagen. Außerhalb dieser Zone haben etwa die Kommunen Wipperfürth, Hückeswagen oder Gummersbach den Vorteil, dass sie ohne diese Prüfauflagen oberbergischen Wind in Energie umwandeln dürfen und teilweise sogar den Ausbau prüfen.

Wir schreiben allerdings das Jahr 2021 – nach langen Jahren der Gelassenheit besteht die dringende Not, sich auch in Lindlar mit Ideen und vollem Engagement für den Klimaschutz einzusetzen. Im Leitbild 2025 gab es bereits vor 10 Jahren das Strategieversprechen: „Wir bevorzugen den Einsatz regenerativer Energien“ (Leitbild S. 4). Dazu muss nach Meinung der SPD-Fraktion als elementare Säule auch in Lindlar die Windenergie gehören, um das ehrgeizige Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden, zu erreichen: Tags wie nachts und rund ums Jahr zu nutzen, hat die Windenergie den größten Anteil der regenerativen Energien an der Stromerzeugung und ist zur CO2-Einsparung unabdingbar.

In der Septembersitzung des Ausschusses für Klima- und Umweltschutz erfolgte der von uns erbetene Sachstand zum Thema Kleinwindanlagen[3], welche uns als attraktive und unausweichliche Lösung für den Ausbau der lokalen regenerativen Stromerzeugung erscheinen.

Wie von der SPD-Fraktion im 3. Ausschuss für Klima- und Umweltschutz am 16.11.21 mit langem Atem erfolgreich auf den Weg gebracht[4], soll nun endlich ein intensiver Informationsservice der Verwaltung zum Thema Kleinwindanlagen beginnen – Verwaltung und Politik sind in der Verantwortung und der Pflicht, die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen, um in naher Zukunft mit ersten Kleinwindanlagen zur heimischen Stromerzeugung beizutragen.
Ob kleine oder große Windanlagen: Die Akzeptanz in der Bevölkerung für diese „Spargelstangen“ in der hügeligen Landschaft muss jedoch vielleicht noch wachsen, was für einen baldigen öffentlichen Austausch spricht:

  • Was nämlich etwa im Urlaub in Norddeutschland beliebte Fotoobjekte sind, zumal, wenn die Windräder ganze „Parkanlagen“ bilden, ist manchem plötzlich ein unerträglicher Anblick, wenn es beim Spaziergang zu Hause in den Blick gerät – schaffen aber die Autobahnen, die die ober- und niederbergischen Täler auf hohen und wuchtigen Pfeilern überqueren, ein ästhetisches Landschaftsbild? Ihr Anblick wird als notwendig hingenommen, Windräder stehen in Verruf, das Landschaftsbild zu verschandeln. Windkraftanlagen sind leider genauso wenig unsichtbar wie Kohle- und Atomkraftwerke – der Preis für unseren Stromhunger ist, dass wir unweigerlich zusehen müssen, wie Strom entsteht.
  • Arten- und Habitatschutz! Dies ist ein schwerwiegendes Argument gegen Windkraftanlagen, besonders jene über 150 m – Windräder werden zur realen Gefahr für Vögel und Fledermäuse. Die Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes setzt Artenschutzprüfungen, FFH-Verträglichkeitsprüfungen, Bestandserfassungen sensibler Tierarten und Naturräume und z.B. die Erarbeitung von Maßnahmenkonzepten[5] zum Schutz voraus, ehe eine Anlage genehmigungsfähig ist. Auch Umweltverbände sprechen sich für den schnellen, naturverträglichen Ausbau der Windenergie aus, fordern aber einen konkreten, effektiven Artenschutzbewertungsrahmen[6] – ein weiter Weg. Apropos Weg: „Schlachtfeld Straße“ ist ein Artikel in der SZ vom 5.7.2020 betitelt[7], der mit Verweis auf Forschungsergebnisse von geschätzten 194 Millionen Vögeln und 29 Millionen Säugetieren berichtet, die europaweit auf unseren tief in sensible Räume greifenden Verkehrswegen getötet werden. Dennoch sind unsere Verkehrswege und deren Ausbau in keiner Weise den gleichen Restriktionen unterworfen wie Windkraftanlagen – obwohl auf den Straßen, zum zusätzlichen Schaden der Umwelt, jenes CO2 ausgestoßen wird, das durch die gleich benachbarte klimafreundliche Stromerzeugung in luftiger Höhe ausgeglichen werden könnte.

Ob man nun sein Fähnchen in den einen oder anderen Wind hängen mag: Gerade Kleinwindanlagen bieten deshalb einen Kompromiss und Lösungsansatz, den man verfolgen sollte. Klein- und Mini-Windanlagen dienen in erster Linie der Deckung des eigenen Stromverbrauchs im Privaten wie für landwirtschaftliche oder gewerbliche Betriebe, aber die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. Und man nimmt niemand anderem den Wind aus den Segeln, wenn man ihn für seine Zwecke nutzt.

 

 

 

 

[1] 23. Sitzung des Bau-, Planungs- und Umweltausschusses vom 17.09.2013, TOP 5: https://www.lindlar.sitzung-online.de/bi/to020.asp (Anhang)

[2] Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung – https://www.baf.bund.de/DE/Themen/Flugsicherungstechnik/Anlagenschutz/anlagenschutz_kartentool.html

[3] 3. Sitzung des Ausschusses für Klima- und Umweltschutz vom 23.09.2021, TOP 9: https://www.lindlar.sitzung-online.de/bi/to020.asp?TOLFDNR=9098 (Anlage)

[4] 4. Sitzung des Ausschusses für Klima- und Umweltschutz vom 16.11.2021, TOP 10: https://www.lindlar.sitzung-online.de/bi/vo020.asp

[5] https://www.fachagentur-windenergie.de/veroeffentlichungen/laenderinformationen/laenderinformationen-zur-windenergie/nordrhein-westfalen/

[6] https://www.nabu.de/news/2020/11/28921.html

[7] https://www.sueddeutsche.de/wissen/artenschutz-strassenverkehr-wildunfall-1.4956671

Weitere Beiträge

Unsere Themen

Archiv

In unserem Archiv finden Sie alle bisher veröffentlichten Beiträge auf einen Blick.